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21.06.2011

Globale Klimamodellierung Hoch entwickelte Klimamodelle versuchen, das Klima so realitätsnah wie möglich abzubilden und Aussagen über seine künftigen Veränderungen zu machen.

Modellierung natürlicher Klimaveränderungen

Natürliche Klimafaktoren wie Sonnenaktivität, Erdbahnparameter oder interne Variabilität haben Veränderungen des Klimas in der Vergangenheit bewirkt. Da keine direkten Messdaten vorliegen, bedient man sich verschiedener Ersatzdaten, auch Proxydaten genannt, wie Meeressedimente, Baumringe, Eisbohrkerne oder Pollenmessungen, die Informationen einzelner Klimaelemente (Temperatur, Feuchte, Niederschlag) oder deren Zusammenspiel über die Vegetationsperiode enthalten. Damit können wichtige Informationen über das Klima vergangener Zeiten rekonstruiert werden. Für die Identifizierung der dafür verantwortlichen Prozesse und Wechselwirkungen sind Modellstudien mit globalen Erdsystemmodellen notwendig.

Die Berücksichtigung möglichst aller relevanten Prozesse verlangt nach sehr komplexen und möglichst hoch aufgelösten Modellen. Dies ist sehr rechenzeitaufwändig und erlaubt deshalb nur die Berechnung von besonders wichtigen Zeitabschnitten, dazu zählen die Übergänge zwischen den Warm- und Kaltzeiten (wie beispielsweise zwischen vor 125.000 und vor 115.000 Jahren), Zeiten, in denen starke topographische Veränderungen stattgefunden haben (vor 20 Mio. Jahren) oder in denen eine verringerte Sonnenaktivität, wie während des "Späten Maunder Minimums" (1675-1715), beobachtet wurde. Längere Integrationen werden mit Modellen geringerer Komplexität durchgeführt.

Beispiel: Entwicklung des Ostafrikanischen Grabensystems

Abb1: Orographie des Globalmodells für (a) heutige Verhältnisse und (b) zu Beginn der Entwicklung des Ostafrikanischen Grabensystems.

Abb1: Orographie des Globalmodells für (a) heutige Verhältnisse und (b) zu Beginn der Entwicklung des Ostafrikanischen Grabensystems.

Im Bereich der Paläoklimamodellierung wird sowohl mit globalen als auch regionalen Modellen das Klima der Vergangenheit simuliert, das mit Klimarekonstruktionen basierend auf unterschiedlichen Proxydaten
verglichen werden kann. Dies dient dem Verständnis der Prozesse und Gründe vergangener Klimaänderungen sowie der Abschätzung der Stärke natürlicher Klimavariabilität. In einem Beispiel aus der Forschergruppe RiftLink sollte der Frage nachgegangen werden, inwieweit sich die Entwicklung des Ostafrikanischen Grabensystems während der letzten ca. 20 Millionen Jahre auf das Klima in Afrika auswirkt.  Forschergruppe RiftLink

Dabei wurden verschiedene Orographien im Modell angenommen, die verschiedene mögliche Stadien während der Entwicklung des Grabensystems repräsentieren (Abb. 1). Es zeigte sich, dass die Änderung der Orographie hilft, die Aridifizierung in Ostafrika, wie sie in Proxydaten gefunden wurde, zu erklären (Abb. 2).

Abb2: Jahressumme der Niederschlagsänderung zu Beginn der Entwicklung des Ostafrikanischen Grabensystems im Vergleich zu heute.

Abb2: Jahressumme der Niederschlagsänderung zu Beginn der Entwicklung des Ostafrikanischen Grabensystems im Vergleich zu heute.

Beispiel: Klima am Ende einer Warmzeit

Die Untersuchung der Übergänge zwischen den regelmäßig auftretenden Warm- und Kaltzeiten während der letzten 500.000 Jahre mit gekoppelten Klimamodellen erlaubt Rückschluss auf die Wirkung von Veränderungen der Erdbahnparameter. Durch diese variieren der Jahresgang der Einstrahlung oder es kommt zu Verschiebungen der Jahreszeiten. Die beispielsweise damit einhergehende Verschiebung von Vegetationszonen ist in unterschiedlichen geologischen Archiven gut dokumentiert.

Abb.3: Änderung des Jahresganges der Einstrahlung während der Eem-Warmzeit (125.000 Jahre vor heute).

Abb.3: Änderung des Jahresganges der Einstrahlung während der Eem-Warmzeit (125.000 Jahre vor heute).

Die Veränderung der Bahnparamater der Erde (Verhältnis der beiden Halbachsen der Erdbahn, Richtung der Hauptachse, Stellung der Rotationsachse) bewirkt eine Umverteilung der jahreszeitlichen Einstrahlung. Abb. 3 zeigt die Verhältnisse während der Warmzeit vor 125.000 Jahren. Die verstärkte Sommereinstrahlung auf der Nordhalbkugel führt zu deutlich höheren Temperaturen als unter vorindustriellen Bedingungen (Abb. 4). Mit Veränderung der Orbitparameter gegen Ende der Warmzeit kehren sich die Verhältnisse um und es werden deutlich kühlere Nordsommer wahrscheinlich (Abb. 5).

Abb.4: Temperaturänderung während der Eem-Warmzeit (vor 125.000 Jahren) im Vergleich zu vorindustriellen Bedingungen.

Abb.4: Temperaturänderung während der Eem-Warmzeit (vor 125.000 Jahren) im Vergleich zu vorindustriellen Bedingungen.

Abb.5: Temperaturänderung am Ende der Eem-Warmzeit (vor 115.000 Jahren) im Vergleich zu vorindustriellen Bedingungen.

Abb.5: Temperaturänderung am Ende der Eem-Warmzeit (vor 115.000 Jahren) im Vergleich zu vorindustriellen Bedingungen.

Beispiel: Kleine Eiszeit

Das Klima der letzten 1.000 Jahre ist geprägt durch den Übergang von der mittelalterlichen Warmzeit (auch bekannt als mittelalterliche Klimaanomalie, etwa 9. bis 14. Jahrhundert) zur kleinen Eiszeit (etwa 16. bis Mitte 19. Jahrhundert) sowie einer sich anschließenden Erwärmung (siehe Spangehl und Raible, 2008, und dort genannte Quellen). Eine aktuelle Studie zu großräumiger Klimavariabilität auf Grundlage von Simulationen mit einem komplexen Erdsystemmodell, welches eine Vielzahl externer Einflussfaktoren (z.B. vulkanische Aktivität, Sonnenaktivität, Treibhausgase) berücksichtigt, hebt die Rolle natürlicher und anthropogener externer Einflussfaktoren in Kombination mit komplexen internen Wechselwirkungen hervor (Jungclaus et al., 2010).

Insbesondere zeigt die Studie, dass der durch Erhöhung von Treibhausgaskonzentrationen bedingte Temperaturanstieg am Ende des 20. Jahrhunderts den Bereich der vorindustriellen Variabilität übersteigt. Die realistische Simulation langfristiger Klimavariabilität auf einer feineren Skala von weniger als 50 km horizontaler Auflösung erfordert zusätzlich die Berücksichtigung von Prozessen in höheren Atmosphärenschichten, wie der Stratosphäre (Mann et al., 2009, Spangehl et al., 2010).

So führen Schwankungen der Sonnenaktivität zu einer veränderten Absorption solarer Strahlung in der Stratosphäre (ca. 300 bis 1 hPa, dies entspricht etwa einer Höhe von 18 bis 50 km) und damit zu Temperaturschwankungen. Diese verursachen auch Zirkulationsanomalien, wie beispielsweise ein verstärkter Polarwirbel zu Phasen erhöhter Sonnenaktivität (und somit erhöhter solarer Einstrahlung), können sich bis in die Troposphäre (untere Atmosphärenschicht, zwischen 0 und ca. 18 km Höhe) hin auswirken (siehe Abbildung). Diese Zirkulationsanomalien können so zu Klimaanomalien, wie beispielsweise der starken Abkühlung während der Kleinen Eiszeit, beitragen.

Abb.6: Temperaturdifferenz zwischen einer vorindustriellen Phase höherer Sonnenaktivität (1750-1790) und dem Maunder Minimum (Zeitraum geringer Sonnenaktivität, 1645-1715) gemäß einer Klimasimulation (EGMAM-2) mit einem die Stratosphäre auflösenden gekoppelten Atmosphäre-Ozean-Modell (siehe Spangehl et al., 2010, für nähere Informationen zu der dargestellten Simulation). Dargestellt sind Temperaturen, die über Breitenkreise gemittelt wurden. Die statistisch signifikanten Bereiche sind farbig hervorgehoben.

Abb.6: Temperaturdifferenz zwischen einer vorindustriellen Phase höherer Sonnenaktivität (1750-1790) und dem Maunder Minimum (Zeitraum geringer Sonnenaktivität, 1645-1715) gemäß einer Klimasimulation (EGMAM-2) mit einem die Stratosphäre auflösenden gekoppelten Atmosphäre-Ozean-Modell (siehe Spangehl et al., 2010, für nähere Informationen zu der dargestellten Simulation). Dargestellt sind Temperaturen, die über Breitenkreise gemittelt wurden. Die statistisch signifikanten Bereiche sind farbig hervorgehoben.

Abb.7: Differenz der Winde zwischen einer vorindustriellen Phase höherer Sonnenaktivität (1750-1790) und dem Maunder Minimum (Zeitraum geringer Sonnenaktivität, 1645-1715) gemäß einer Klimasimulation (EGMAM-2) mit einem die Stratosphäre auflösenden gekoppelten Atmosphäre-Ozean-Modell (siehe Spangehl et al., 2010, für nähere Informationen zu der dargestellten Simulation). Dargestellt ist der entlang eines Breitenkreises gemittelte Zonalwind (Windkomponente, die parallel zu den Breitenkreisen orientiert ist). Die statistisch signifikanten Bereiche sind farbig hervorgehoben.

Abb.7: Differenz der Winde zwischen einer vorindustriellen Phase höherer Sonnenaktivität (1750-1790) und dem Maunder Minimum (Zeitraum geringer Sonnenaktivität, 1645-1715) gemäß einer Klimasimulation (EGMAM-2) mit einem die Stratosphäre auflösenden gekoppelten Atmosphäre-Ozean-Modell (siehe Spangehl et al., 2010, für nähere Informationen zu der dargestellten Simulation). Dargestellt ist der entlang eines Breitenkreises gemittelte Zonalwind (Windkomponente, die parallel zu den Breitenkreisen orientiert ist). Die statistisch signifikanten Bereiche sind farbig hervorgehoben.

Autoren

Professor Dr. Ulrich Cubasch
Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin

Dr. Ingo Kirchner
Arbeitsgruppe Professor Ulrich Cubasch,
Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin

Dr. Kerstin Prömmel

Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin

Dr. Thomas Spangehl
Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin